Kiten in Dakhla – (m)ein Traum

KITEN – Ein langersehnter Herzenswunsch und viel zu schnell verfliegende 6 Tage: traumhaft (surrealer) Spot + viel Wind + tolle Gleichgesinnte + top Unterkunft + mega Essen. Was kann es Schöneres geben für mich allein auf der Spurensuche und Erfüllung eines lang ersehnten Traums. 


Bei der Planung vorab hätte ich mir eventuell etwas mehr Zeit gönnen können, aber spontan fällt man manchmal doch die besten und passendsten Entscheidungen. So buchte ich mir kurzentschlossen sechs Tage vor Abflug über KiteWordWide ein 1-Woche-Kiten-Komplettpaket mit Anfänger-Kurs nach Dakhla, Marokko, Westsahara. In den Spot hab ich mich auf Anhieb verliebt, als ich hier die ersten Bilder gesehen habe: http://www.kiteworldwide.com/kitereisen/marokko-dakhla-kitecamp/

War ich schon einmal in Marokko? Nein. Kann ich Kiten? Nein. Sonst irgendwelche kitende Freunde oder Anhaltspunkte? Nicht im geringsten. Sportlich? Hmm, bedingt. Schon einmal komplett allein gereist? Selten. Warum das Ganze also? Auch ein 10 Jahre alter Traum ist es wert, ihn wieder aufleben zu lassen! Einfach nur für mich!!!

Tag 0 * Montag * Anreise mit Hindernissen! 

München > Frankfurt > Casablanca > Dakhla. Von Start zu Ziel trennen mich 15 Stunden, 1 unterbroche Zugfahrt, zwei Flüge und ein abenteuerlicher Transfer zum Camp. 


Neben etwaigem Kite-Equipment ist es aber wie auf jeder internationalen Reise durchaus sinnvoll, angebracht, wenn nicht sogar zwingend erforderlich, einen gültigen Reisepass dabei zu haben. Wer den vergisst, hat schlechte Karten und kann sich nur noch im Extremfall bei der Bundespolizei einen Reiseausweis als Passersatz für die Urlaubsdauer ausstellen lassen (mehr dazu HIER oder direkt zum vorab Online-Antrag auf der Seite der Bundespolizei). Oder man hat Schutzengel oder sonstige Helferlein, wie in meinem Fall.

* wo ist mein Reisepass *

Nachdem ich also rechtzeitig meinen Zug in München nach Frankfurt erwischt habe, bemerkte ich nach einer knappen halben Stunde Fahrt und resümieren schockartig, dass ich gerade dieses wichtige kleine Detail vergessen hatte. So stieg ich in Augsburg wieder aus, damit mir mein persönlicher Schutzengel mir meinen Reisepass im Auto hinterherbringen sollte. Dank der üblichen Verkehrslage konnte ich meine Anreise allerdings erst so spät fortsetzen, dass ich 15 Minuten vor Schließung des Schalters am Fernbahnhof des Frankfurter Flughafens ankam. Auch die superkurze Taxifahrt vom Fernbahnhof am Terminal 1 zum Abflugterminal 2 half leider nix. Denn der Schalter war tatsächlich schon zu! Und das vor der eigentlichen Deadline.

* tschüss Sonnencreme, ahoi Handgepäck *

Glück im Unglück: mein Reisegepäck fällt immer recht kompakt aus, so dass ich den Trolley mit ins Handgepäck nehmen durfte/musste. Das Manko?! Klar, alle größeren Flüssigkeiten wurden leider beim Security Check rausgefischt. Wie soll ich eine Woche brutzelnde Sonne ohne Sonnencreme überstehen? Egal, Hauptsache ich hab den Flieger geschafft.

Danach lief zum Glück alles planmäßig. Das Essen bei der Royal Air Maroc stimmte mich schon auf dem Weg nach Casablanca etwas auf die neue, mir noch völlig fremde Kultur ein. Mein Plan, das erste Mal in meinem Leben On-Board-Shopping in Anspruch zu nehmen, um meine ausgedünnten Badutensilien wieder aufzustocken, schlug leider fehl: keine Sonnencreme, Shampoo oder Bodylotion im Magazin zu finden. Nur teure Uhren, Duft und Zigaretten, die keiner braucht. Und auch der Transit-Flughafen in Casablanca bietet leider nicht mehr als einen Stand mit Wasser und Knabbereien. Also bin ich ohne Sonnencreme weiter.

* willkommen in Dakhla *

Just in Time, kurz vor null Uhr und schon etwas geplättet (v.a. vom Schnupfen, den ich mir kurz zuvor eingefangen hatte und mir beim Landen ziemlich Ohrenschmerzen bescherte) wollte ich den beiden jungen, ungestümen Männern vor dem windverwehten Flughafen in Dakhla erst gar nicht so recht trauen, als sie mir, nur mit einer KiteWordWide-Handyhülle als offizielles Erkennungszeichen ausgestattet, direkt meinen Koffer abnahmen und mich freundlich und wild gestikulierend auf englisch in ihr Auto komplimentierten. Aber hatte ich eine Wahl? Wohl kaum.

* vertrau dem Lockenschopf, auch um Mitternacht *

Was ich nicht wusste: Einer der Abholer mit lang gelocktem Surferhaar sollte tatsächlich mein zukünftiger Kite-Lehrer sein. Gemeinsam mit „Naji“ auf dem Rücksitz ging es ab in die Dunkelheit, rasant an zu langsam fahrenden Autos schnittig vorbei, bis in die totale Finsternis. Und dort im Nirgendwo noch einmal links von der einzigen Straße abgebogen, ging es über einen unbefestigten Weg, bis zum Zenith Camp. War ich da? Ich war da!  


In schummriger Nachtbeleuchtung erkannte ich tatsächlich das Camp von der Website und aus dem Katalog wieder – auch mitternächtlich ein absoluter Hingucker. Endlich angekommen und kurz in meinem Riad-Zimmer (1 von insgesamt 6) eingerichtet, wurde ich von einigen wenigen Nachtschwärmer-Gästen herzlich begrüßt und gönnte mir direkt mit Ihnen erst einmal ein kaltes Bier: „Speciale“ – wohl für die ganz besonderen Momente.

Hier bin ich richtig!

Tag 1 * Dienstag * let the show begin

Nach ausgiebigem Ausschlafen (Dank 1h Zeitverschiebung noch länger 😉) sehe ich nun zum ersten Mal bei schönstem Licht, wo ich eigentlich gestrandet bin: eine tolle kleine Anlage mit reichlich Loungemöbeln draußen, kleinem aber feinem Pool mit komfortablen Relaxliegen und einem Wahnsinnsblick auf die riesige Lagune und karke Dünenlandschaft. Ohne Bäume und alles in warmen Gelbtönen. Ich bin wie hypnotisiert und staune erstmal vor mich hin. 

Etwas gesammelt, gehe ich zum Frühstück, an einen bereits eingedeckten rießengroßen Tisch, an dem wir alle gemeinsam jede Mahlzeit zusammen genießen werden. Wer mich kennt, der weiß, dass ich ein großer Freund solcher langen Tafeln bin – wie in einer großen Familie. 


Vollverpflegung trifft es, was wir serviert bekommen, wird aber dem Anspruch des Essens ganz und gar nicht gerecht. Was hier in Dakhla im Zenith Camp von Besitzer Hamsa und den vielen Helferlein aufgetischt wird, sind wahre einheimische Köstlichkeiten. Alles superfrisch, abwechslungsreich und einfach nur lecker. Ich musste jede davon festhalten und hab für alle Schlemmermäuler die Leckerreien tageweise am Ende des Blogeintrags eingestellt.

Nun aber zum Kite-Eingemachten! 

* 15-18 Knoten + Neo + Trapez + Weste + Helm + mein erster Kite-Kontakt *

Nach dem Frühstück hat mich Michele, die superfreundliche Managerin der Kitestation, nicht nur mit Sonnencreme, Shampoo usw. ausgestattet sondern auch mit reichlich Info’s gefüttert und mir das passende Kite-Equipment zusammengestellt: ein langärmeliger Neoprenanzug, Helm, Weste und Trapez. Der Kite wird von Naji immer je nach Windverhältnissen ausgesucht.

Pünktlich 10:30 Uhr stehe ich erwartungsvoll in meinem Neoprenanzug bereit. Und das war gar nicht so einfach. Bikini drunter und kurzes Eincremen zum Sonnenschutz…das ging superfix. Aber so ein Neo scheint einfach von Grund auf viel zu eng. In den muss man sich förmlich reinpellen. Aber gut, nur so kann er angeblich wirken. Nur so kommt einmal Wasser rein, das dann vom Körper angewärmt wird und vorm Frieren schützt.

So pünktlich wie ich war aber auch noch ein anderes Pärchen aus Karlsruhe. Er bereits mit Kite-Erfahrung und eigenem Equipment unterwegs, das schon fleißig mit all dem anderen Zeug der ganzen Kite-Begeisterten und Könnern im ‚leicht‘ angerostetem Auto verstaut wurde. Sie, wie ich, auch ein absoluter Neuling, nur mit einem Tag Vorsprung und meine Partnerin für die nächsten Tage im semiprivatem Anfänger-Kurs. Wir verstanden uns auf Anhieb gut und sie erzählte mir gleich die brandneu gesammelten  Eindrücke vom gestrigen Tag. Also alles Equipment rein ins Auto, alle Kiter ran ans Auto und schon wurden wir die 200m zum Strand geshuttlet (je nach Ebbe & Flut).

* Trockenübung + Safety First * 

Alles ausgepackt lerne ich als Erstes, mich überhaupt richtig anzuziehen und den Kite aufzubauen. Das Trapez und die Weste gehören auch nochmal viel enger als man denkt und der Aufbau bedeutet: Pumpen wie wild (und nicht vergessen, die Pumpe am Kite mit der Pumpenleash zu befestigen), den Kite einmal umdrehen und mit Sand oder dem Board vorm Wegfliegen beschweren. Dann die Leinen von der Bar abwickeln, entwirren, zwei mittig & zwei außen in Windrichtung nach dem Kite auslegen und entsprechend anknüpfen. Die beiden mittleren sind die Frontlines, die den Kite halten – die beiden äußeren sind die Backlines und zum Steuern gedacht (powern, links, rechts). Diese Backlines sind an der sogenannten „Bar“ befestigt (nix mit Drinks!), mit deren Hilfe man durch Anziehen Gas gibt oder auch wieder Fahrt rausnimmt, durch Wegschieben/Loslassen. (An dieser Stelle sei angemerkt: Bitte liebe Kiteprofis, seid gnädig. Alles was hier beschrieben ist, kommt von einem absoluten Kite-Neuling, der einfach nur seine persönlichen Anfänger-Erfahrungen teilen möchte.)

Nach der Material-Theorie hat uns Naji gleich noch folgende 3 wichtigen Sicherheitsregeln eingeimpft und ein paar mal inklusive Zeichensprache wiederholen lassen.

  1. leave the bar = Kite Bar loslassen und Hände weg! Durch das Loslassen haben die Steuerleinen/Backlines keine Spannung mehr und der Druck wird aus dem Kite genommen. Dieser zieht dann gleich weniger bzw gar nicht mehr und sinkt am Windfensterrand zu Boden.
  2. Quickrelease! Mit beiden Hände das Quickrelease betätigen (je nach Kite-Marke von sich wegschieben oder drehen). So wird  extrem schnell die Spannung aus allen Leinen genommen und der Kite damit flugunfähig gemacht. 
  3. Und Safety-Leash auslösen! Nur noch über die Saftey-Leash (je Modell 1 oder 2 Leinen) ist der Kite nun mit einem verbunden. Im absoluten Notfall, wenn man sich doch einmal vom kompletten Material trennen muss, wird diese ausgelöst (durch Wegschieben). Dann fliegt alles weg! 

Ich sehe Naji und meiner Kurspartnerin beim Starten ihres Kites zu. Sie übt fleißig am Wasserrand sitzend das Hochsteigen und Lenken. So versuche ich, es ihr irgendwie nachzuahmen, stelle als Starthelfer zum Launchen den Kite mit den Händen seitlich hochkant bis Naji mir mit Daumen hoch signalisiert, dass ich loslassen kann und er ihn in die Lüfte navigiert. Bei ihm angekommen, übergibt er mir nun zum ersten Mal den Kite. 

* Drachen-Steigen für Große*

Mein Herz klopft aufgeregt!!! Naji befestigt Safety Leash und Quick Release. Ich merke wie der Kite kräftig am Trapez und an mir zieht. Ich versuche, irgendwie stehenzubleiben und bin sichtlich am Straucheln. Ich gebe zu: Hier scheint noch nicht ganz klar, wer eigentlich wen im Griff hat. Früher als Kind konnte so ein Drachen schon auch mal kräftig an der Leine ziehen, aber das ist wirklich kein Vergleich. Naji scheint das auch nicht weiter zu irritieren und unbeeindruckt wiederholen wir im flachen Wasser „stehend“ die Theorie des Lenkens. Eigentlich simpel: Rechts Fliegen = die Bar mit der rechten Hand rechts außen anfassen und rechts zu sich ziehen. Links funktioniert genau umgekehrt: Links Fliegen = die Bar mit der linken Hand links außen anfassen und links zu sich ziehen. 

So schicke ich den Kite auf weiterhin recht wackeligen Beinen im flachen Wasser eine ganze Weile vor mir auf und ab. Von 10 auf 11 und 12 Uhr und wieder zurück. Oder langsam auf die andere Seite über 12 Uhr nach 1 oder 2. Ultrakonzentriert nehme ich fast nix um mich herum wahr. Die Sonne blendet wie verrückt (ich brauche unbedingt eine Sonnenbrille oder zumindest so ein Band, um die Brille am Kopf zu behalten). Nur ein Pfiff von Naji reißt mich ab und zu aus meinem unfassbar tollem Abenteuermärchen – wenn ich mal wieder nicht ganz die gefühlten 100tausenden Dinge berücksichtigt habe.

Total überwältigt, geschafft, außer Puste aber auch überglücklich packe ich – ohne ein Gefühl für die Zeit zu haben – nach sage und schreibe 2,5h den Kite wieder ins ins Auto und werden zum Camp geshuttlet. Ich kann es noch gar nicht glauben: Ich habe tatsächlich meine erste Begegnung mit Kite überlebt! Und ich finde es einfach klasse! (In dem Zustand sei ein Selfie auch mal erlaubt.)

* Bodydraggen heißt Wasser schlucken *

Nach dem Hineinpellen ist vor dem Hineinpellenen: Also erstmal raus aus dem Neoprenanzug, eine heiße Dusche und nach einem Mittagessen der Spitzenklasse geht es auch schon wieder raus zur nächsten Session. Hoffentlich hab ich nicht schon wieder alles neue vergessen? Egal, zurück ins Zimmer, rein in den Neoprenanzug, Trapez und Weste. Und ab ans Auto!

Der Aufbau klappt bis auf die letzten Pumpenstöße, um den Kite auch wirklich richtig prall zu bekommen, schon ganz gut. Ich übe aber erstmal wieder etwas weiter, den Kite auf- und absteigen zu lassen. Bis Naji zu mir sagt: „Auf die Knie und ab ins Wasser!“ Jeder weiß, was jetzt kommt: Einmal kräftig Wasser schlucken! 
Skepsis hin oder her. Ich probiere es einfach, geh auf die Knie und mach mich lang (Arme leicht angewinkelt, mit dem Bauch nach unten und ausgestreckten Beinen). Und, ich bin total fasziniert: Der Kite zieht mich tatsächlich Meter für Meter in eine Richtung durchs Wasser. Dann teste ich mal mehr Power, ziehe an der Bar und werde gleich viel schneller mitgenommen – und schlucke dabei immer wieder reichlich Wasser. Jede noch so kleinste Welle wird einem hier zum Verhängnis. So absolviere ich also meine ersten Meter liegend inklusive Mund- und Nasenspülung. 

Da pfeift mich Naji auch schon zurück bzw. deutet auf einen Richtungswechsel. Also navigiere ich den Kite langsam auf 12:00 Uhr, weiter nach rechts bis auf ein/zwei Uhr und beginne vom Neuen. Ich ziehe an der Bar und lasse mich wieder durchs Wasser ziehen – mal langsamer, mal wilder. Etliche Meter windabwärts strande ich und beginne unter Najis Anleitung meinen ersten Rückmarsch mit Kite: D.h. den Drachen weit an der Seite im Windfenster halten, nicht zu viel Druck geben und gegen den Wind hochlaufen – wenn möglich ohne den Kite auf den Boden aufsitzen zu lassen (damit das Material keine Schäden davon trägt). Eine tüchtige Plackerei ist das! Wohl das Anstrengendste was ich bislang mit Kite gemacht habe. Mir geht zumindest dabei schneller die Puste aus als dem Drachen. Am Ausgangspunkt angekommen, brauche ich also erst mal eine Verschnaufpause, bis ich noch zwei/drei solcher Bodydraggen-Runden drehe – inklusive Wasser versteht sich.

* genüsslicher Ausklang *

Nach knapp 2 Stunden hat Naji scheinbar Mitleid mit mir und möchte wohl nicht, dass ich die ganze Lagune leer trinken. So winkt er mich zum Strand und zufrieden packe wir beide Neulinge mit seiner Hilfe die Kites zusammen. Neugierig befragen mich die alten Kitehasen und Profis, wie ich meine zweite Stunde so fand. Ich kann Ihnen nur mit einem breiten Grinsen antworten: Toll und kompliziert, anstrengend und aufregend, aber vor allem auch beflügelnd! Für mehr fehlen mir die Worte (und auch die Kraft). Ich bin einfach nur glücklich und kaputt zugleich. Ich freue mich auf meine Dusche und bin schon gespannt, was es wieder leckeres zu Essen gibt. 

Und ich sollte nicht enttäuscht werden. Bei schönster Dämmerstunde und einem bezauberndem Ausblick gab es zuerst einen kleinen Appetizer von anderen Gästen spendiert: Austern von der nahegelegenen Farm bei Dakhla. Für jeden Fan eine absolute Empfehlung – frischer geht es nicht. Danach servierte uns Hamsa typisch marokkanisches Fleisch aus der Tajine und gebackene Banane. Mit ein bisschen Philosophieren über Wind, Wetter, Wasser und Kiten (soweit ich irgendwie mitreden konnte) ließ ich wirklich mehr als überglücklich meinen ersten Tag als Kitesurfer ausklingen. Ich kann es noch gar nicht fassen…

Tag 2 * Mittwoch * chearing to the first few meters 

Bei >15 Knoten, Flut und einem etwas größeren Kite

Die Vormittagssession startete wieder nach ausgiebigem Frühstück mit dem selbständigen Aufbauen des Kites und einem kurzen Recap des Security Checks. Diesmal bekam ich einen Core-Kite (ich glaube Größe 12 qm). Gestern war der Quickrelease zum Ziehen, heute ist er zum Drehen, sonst funktioniert aber alles wie gehabt. 

* ein ständiges Auf und Ab *

Naji knüpfte gleich da an, wo ich gestern aufgehört hatte: beim Bodydraggen. Zu Beginn gab er mir aber noch einen wichtigen Tipp mit auf den Weg: Ich sollte den Kite nicht immer so statisch, ja gar langweilig an einer Stelle halten! Und ich dachte, Ruhe, Langsamkeit und wenig Bewegung wären gut, da ein Zeichen von Kontrolle…aber damit hatte ich wohl komplett daneben gelegen. Ich bewegte mich und alles wohl mehr über die Bar anstatt mit dem Kite. Also versuchte ich, ihn bewusst auf und ab zu schicken und in Ellipsen (schrägen 8.) tanzen zu lassen. Das gelang mir – obwohl ich schon viel mehr mit den Armen arbeitete – anscheinend immer noch nicht zufriedenstellend, denn Najis Tipp wurde erst zum deutlichen Hinweis und später zu klaren, kurzen Anweisungen, die er mir förmlich zuschrie: „Left, right, left…more left, right, left…listen to me!“ Also Links ziehen und rechts ausstrecken…dann rechts ziehen und linken Arm strecken…und das alles noch schneller und in Kombination mit all dem anderen erst neu Gelerntem! 

Puh…nach dieser Session hatte ich nicht nur wieder reichlich Wasser geschluckt sondern auch ein ordentliches Oberkörper-Arm-Training hinter mir. Und, ich war wie immer total „braindead“. Die 100-prozentige Konzentration auf die vielen neuen Bewegungen und Abläufe strengen also nicht nur den Körper sondern auch den Geist ordentlich an.

* Bodydraggen 2.0 *

Bei der Nachmittagssession nahm Naji dann das erste Mal ein Board für jeden von uns mit, schickte mich aber gleich nach dem Launchen des Kites wieder ohne Board ins Wasser…zum Bodydragging perfektionieren. Und diesmal gleich mit der klaren Ansage, aktiv mit dem Kite zu spielen…ihn also wie am Morgen durch wechselndes Links- und Rechtssteuern permanent in Auf- und Abbewegung zu halten. Gesagt, getan…finde ich, das klappt mittlerweile schon ganz gut: Ich hole ordentlich Schwung,  der Kite saust spielerisch hin und her und ich lasse mich absichtlich etwas schneller durch’s Wasser ziehen. Das dachte sich wohl auch Naji und erklärte mir die nächste Stufe des Bodydraggen: einarmig upwind fahren!!! Mit noch weit viel mehr Wasser schlucken, wie ich feststellen durfte. 

Wie sollte das denn bitte mit nur einem Arm funktionieren? In der Theorie dreht man den lang gestreckten Körper seitlich und streckt den Arm, der ins Wasser zeigt, nach oben aus und benutzt ihn als Finne, also als Ruder, um sich gezielt in eine Richtung zu bewegen. So kann man sich zum Beispiel zu einem verloren gegangenen Board ziehen lassen. In der Praxis war das vielleicht ein Krampf. Man schluckt einfach noch mal doppelt so viel Wasser wie zuvor. Ich konnte den Kite mit einer Hand einfach kaum steuern, bis mir Naji sagte, ich sollte die Bar eher mittig festhalten. Dann ging es schon besser, auch wenn ich hoffe, dass ich diesen move nicht allzu oft brauchen werde.

*** endlich: ab aufs Board ***

Nach ein/zwei einarmigen Übungsrunden und einer gefühlten halb verschluckten Lagune im Bauch, schickt mich Naji dann endlich aufs Brett. Und das gerade einmal an meinem zweiten Tag!!! Naji zeigt uns also, in welcher Reihenfolge wir unsere Füße aufs Board in die Schlaufen stecken, das Board unter den Kite-Leinen einfädeln und uns in Startposition bringen. Beide Beine nach vorn. Aber wichtig: das erste in Fahrtrichtung ausgestreckt, das hintere angewinkelt. Und sein bester Tipp: „Einfach versuchen aufzustehen, wenn der Kite dir die Chance dazu gibt“. Klar. Was auch immer Naji da genau mit meint, habe ich erst später wirklich verstanden. 

Also auf geht’s. Ich bringe den Kite in geübten Achten auf Fahrt, stämme meine Beine in Fahrtrichtung gegen das Wasser und versuche, mich irgendwie vorwärts zu bewegen. Noch treibe ich mehr umher als obendrauf zu schweben und v.a. der Wasserwiederstand hält mich bzw. das Board hartnäckig unten. Ich hole also noch mehr Schwung, stelle meine Beinen noch schräger und will endlich irgendwie raus aus dem Wasser. Eine ganze Weile passiert gar nix, aber dann, tatsächlich: Auf einmal scheint es, als könne mich der Kite aus dem Wasser lupfen. Ich merke, wie das Brett weiter zur Wasseroberfläche gezogen wird und versuche eine Aufstehbewegung. Der Widerstand lässt auf einmal spürbar nach und ich werde immer „schneller“. Ich freue mich schon, doch da sinke ich auch schon wieder wie ein nasser Sack ins Wasser zurück. Ich habe wohl mal wieder eines der vielen kleinen Details vergessen.

* der erste Meter über Wasser *

Hoch, runter, schneller und wieder zurück – so geht noch eine ganze Weile. Aber, ich gebe nicht auf. Nochmal, Konzentration! Kite bewegen. Beine schräg stellen. Mit der Bar zusätzlich powern und Schwung holen. Und versuchen, aufzustehen!!! Gesagt, getan. Auf einmal geht alles ganz schnell: Ich nehme Fahrt auf, zieh mich aus dem Wasser und das Board schlittert plötzlich „toootal rasant“ ein paar Meter über die Wasseroberfläche. Wie das? Auf einmal! Auf einmal fühlt sich alles ganz leicht an. Und auf einmal höre ich im Hintergrund laute Stimmen, jubelnde Zurufe, Pfiffe und Applaus. Hatte ich da etwa Fans am Rand stehen, die mich beobachteten? Die genau gesehen hatten, wie ich meine ersten Meter über das Wasser schlitterte? Dann muss es wohl richtiges Kiten gewesen sein, was mir da gerade passierte! Wow was für ein tolles Gefühl!!! 

So schnell, wie ich aus dem Wasser raus war, sank ich zwar auch wieder zurück, aber egal. Auch wenn ich wieder weiter wie eine Boje herumschwamm, meine ersten Meter kann mir jetzt keiner mehr nehmen! Am Ende meiner ersten zwei „Bahnen“ downwind MIT Board (deutlich überwiegend  herumtreibend als fahrend) bin ich schon ganz schön kaputt und will wieder raus aus dem Wasser. Da verfängt sich der Kite zu meinem Glück im einzigen, weit und breit herumstehenden Fahnenmast. Verflixt noch mal! Wie konnte das denn jetzt passieren? Da kam Naji auch schon angesprintet und klettert auf den Fahnenmast, um die Schnüre abzufriemeln und den Kite zu befreien. Nach dieser Aktion nimmt er mir gleich mal den Kite ab und fährt ganz easy peasy hoch zum Ausgangspunkt – mit ein paar kleinen Sprüngen als Showeinlage obendrein. Und ich konnte ganz entspannt ohne Kite hochlaufen und ihm beim herumtollen zuschauen. Das war mir gar nicht so unrecht. Unterwegs kam ich auch noch bei meinen privaten Cheerleadern vorbei und konnte feierlich auf meine allerersten Meter abklatschen. Spitzenmäßig!!! So lasse ich mir sehr gern den Kite wieder anschnallen und übe direkt weiter!

Was für einen Tag! Was für eine Session! Total geschafft und beflügelt springe ich nach dem zusammenpacken mit den anderen ans Auto, lasse mich wieder hochshutteln und den Tag begeistert ausklingen. Ich bin noch total aufgedreht und kann es kaum erwarten, wieder mit Kite und Brett rauszugehen. Und das war erst mein zweiter Tag hier in Dakhla! Wer hätte das gedacht, dass ich mich tatsächlich schon kitend auf dem Wasser fortbewege…

Am Abend wird wieder mit allen dank gemeinsamer Riesentafel ausführlich über die heutigen Erfolge und Erfahrungen philosophiert. Diese gemeinsame Zeit lässt mich fast vergessen, dass ich ganz allein unterwegs bin. Obwohl ich ein blutiger Anfänger bin, fühle ich mich total gut aufgenommen und akzeptiert – unter all den Profikitern. 

Tag 3 * Donnerstag * Nebelpause

13 knots / high tide / no kite (für die Anfänger)

Eigentlich wollte unsere Truppe heute einen Ausflug zur weißen Düne machen. Die Geübten kiten downwind bis zum Spot, die weniger versierten werden mit dem Auto hingeshuttelt. 

Aber wie Sie sehen, sehen Sie nichts! Das Camp ist umhüllt von dickem Nebel. Man konnte nicht mal bis zur Straße sehen, die das Camp vom Ufer trennt. Auch nach dem Frühstück hatte sich die Nebelwand leider noch nicht verflüchtigt. Unter diesen Umständen geht heut erstmal niemand raus. Gestern noch total motiviert, fand ich die gezwungen Pause gerade gar nicht mehr so schlimm. Um ehrlich zu sein, hab ich sie sogar genossen und gleich genutzt, um mal zu entspannen, runterzufahren und meinen Muskelkater und die blauen Flecke der ersten Tage zu pflegen.

Mit einem Buch in der Hand mach ich’s mir also auf einen der großen Sofas im Gemeinschaftsraum gemütlich, surfe ein bisschen im WLAN, beobachte ‚wilde‘ Tiere und erkunde ein wenig das Camp…


* schauen & staunen & Sand-Theorie *

Am späteren Vormittag klärte es dann ein bisschen auf, aber so richtig Durchblick war noch nicht. Die Kiter, die unbedingt raus wollten, nahmen wegen etwas schwächeren Wind einen möglichst großen Drachen, um damit genügend Schwung und Fahrt aus dem vorherrschenden Wind herauszuholen. Die etwas gechillteren unter uns blieben beim Pausieren und schauten dem gemächlichen Treiben entspannt vom Strand aus zu. Und mal ganz ehrlich: auch mit grauem Himmel und leichtem Nebel kann sich die Dakhla-Lagune echt sehen lassen. 


Außerdem konnte ich so zum ersten Mal ohne Ablenkung zuschauen, wie sich echte Kiter eigentlich auf dem Wasser fortbewegen…gespickt für mich mit noch ein paar zusätzlichen Theorie-Tipps.

Dank dieser Zeichnung im Sand habe ich viele Dinge, die uns Naji (auf englisch) beibrachte, erst so richtig verstanden. Alles in allem war die Nebelpause also keineswegs umsonst sondern eine gute zusätzliche Theorie-Trainingseinheit!

* guckst du *

Am Nachmittag klärte es dann immer weiter auf, allerdings spielt der Wind einfach nicht so richtig mit. Bei unter zehn Knoten macht es für uns Anfänger wohl keinen Sinn rauszugehen. Also nutze ich die Zeit und schaue gemeinsam mit meiner Kitekurs-Partnerin und Michelle wieder den alten Hasen beim Kiten zu. Winddicht eingepackt versteht sich. Denn auch wenn es im Kiter-Verständnis wenig Wind hatte, war es doch immer noch ziemlich windig. Und: Endlich hatte ich auch mal Zeit für ein paar Fotos!


Die riesige Flachwasserlagune bietet bei Ebbe und Flut ein super großes Stehrevier, das sich über mehrere Kilometer erstreckt. Das ist v.a. für mich als Anfänger praktisch, weil man im Wasser stehend den Kite viel besser in die Luft bekommt, als wenn man im Wasser schwimmt. Und dabei ist diese Lagune nur ein kleiner Teil einer noch viel größeren. So richtig bewusst wird einem das erst, wenn man sich das Ganze auf der Karte noch mal genauer anschaut.

Tag 4 * Freitag * Windpause

8-9 knots morning / 12-13 knots afternoon 

Leider wieder ein Tag mit weniger Wind. Damit ich aber endlich mal weiß, was mit zu wenig Wind eigentlich gemeint ist, lade ich mir so eine Wind App runter. Da kann ich endlich mitreden, wie viel Knoten denn so um uns herumwehen (wobei hier beim Spot in der App das Attitude Camp etwas südlich von uns, immer etwas stärkerer Wind hat).

* surf’n’turf *

Zum Glück hat Michelle ein Alternativprogramm für uns in petto. Wir gehen surfen! 

O. k. nicht alle. Ich fahre einfach nur mit, mache einen ausgiebigen Spaziergang und schau den Surfern beim Wellenreiten zu. Der Surfspot liegt auf der anderen Seite der Landzunge, direkt am Atlantik. Allein die Fahrt dorthin war schon wieder abenteuerlich, denn es ging quer durch die Wüste, kurvenreich und durch reichlich viel Pulversand.

Angekommen offenbart sich uns weit und breit wieder nur Wasser,  eine karge Dünenlandschaft und ein kleiner Fels. Ich finde es einfach nur wunderschön, total beruhigend und kann hier mal so richtig durchatmen, für mich sein und in Gedanken schwelgen.



Aber es gibt auch einiges zu entdecken: Seehasen zum Beispiel. Die gehören zur Familie der Schnecken, wie ich später nachgegooglet habe, und sind einfach zu witzig. So etwas habe ich wirklich noch nie gesehen. Von Weitem vermutete ich sogar, es wären alte Reifen- oder Neoprenfetzen. Doch als ich näher kam, sah ich, dass sich der angebliche Müll tatsächlich von selbst fortbewegt. Dabei sieht es aus, als würden sie durchs Wasser fliegen. 


Ein toller Ausflug und schöne Abwechslung…

Tag 5 * Samstag  * SUPer Tag

Da die Riad-Zimmer mit Milchglasfenstern ausgestattet sind, bringt jeder Morgen wieder einen kleinen Überraschungsmoment mit sich, was das Wetter angeht. Wie sind Wind und Sicht tatsächlich? 

Heute wechselte sich Beim Frühstück gute und schlechte Sicht ziemlich schnell ab. Weshalb ich vermutete, dass es schon ausreichend Wind haben sollte. Also werfe ich mich in Neoprenschale und gehe gegen 10:30 Uhr zum Kitecenter. Da warten auch schon andere und wir fachsimpeln ein bisschen über die Windbedingungen und passenden Kite- und Boardgrößen. 


Naji lässt uns Anfänger aber erst noch etwas warten, denn der Wind ist recht böig. Wir warten und warten. Und langsam beginne ich mich wieder aus meiner muffeligen Montur zu pellen, denn der Neo war noch etwas feucht von der Nacht, so dass ich gleichzeitig friere und schwitze. Nach einer ganzen Weile im Wartemodus skippen wir die Vormittagssession, da heute der Wind einfach nicht stabil genug ist. 


Also fletzen wir uns an den Pool und chillen. Bis uns die Idee kam, die drei bislang ungenutzten SUPs aus dem Kitecenter zu testen. Und eins flux drei waren wir damit am Strand und schipperten und paddelten damit am Ufer im kristallklarem Wasser hoch und runter. 


Das sieht immer so einfach aus, ist es aber gar nicht. Vor allem wenn man es wie wir bei böigem Wind versucht. Gegen den Wind konnte man schon froh sein, halbwegs auf der Stelle zu bleiben und nicht nur abgetrieben zu werden. Aber es war auf jeden Fall einen Versuch wert und wir hatten sichtlich unseren Spaß!


* Abdriften vom Feinsten *

Am Nachmittag betteln wir Naji regelrecht an, mit uns raus zu gehen, bei knapp 10 Knoten und böigem Wind. Es war ja schließlich schon mein vorletzter Tag. Etwas mehr Geduld wäre wohl doch besser gewesen, denn diese Session war sehr überschaubar und ziemlich mühselig! 

Ich fuhr also zuerst vom Ufer weg (in meine Schokoladenseite) mit ein, zwei ganz guten Uplifts und auch ein paar weeeeenigen gefahrenen Metern. *freu* Wenn  der böige Wind auch gar nicht so einfach zu händeln war. Windloch und Böe wechselten sich munter ab. Als ich dann entschied, aufzuhören und wieder zurück zum Ufer wollte, schmiert mir der Kite mal wieder blöd auf dem Kopf ab. Der Wind schiebt ihn diesmal aber noch weiter in die falsche Richtung und ich drifte direkt ins tiefe Wasser ab. Ich kann gerade noch mein Board festkrallen und versuche eine ganze Weile, den Kite wieder in Position zu bringen. Im tiefen Wasser gelingt mir das allerdings überhaupt nicht gut. Mir fehlt der ‚gute‘ Winkel, den man im Flachwasser hat. Und nix hilft: links ziehen, rechts ziehen, rütteln, entgegenschwimmen … sobald der Kite einigermaßen steht und etwas in die Luft steigt, überdreht er wieder und setzt sich sofort auf die Hinterseite ab. Driftet anstatt zur Landseite in die entgegen gesetzte Richtung und zieht mich nur noch weiter raus. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommt Nagi wie aus Geisterhand angerauscht und sagt mir vom Kite aus, welche Leine ich exakt wann und wie lang ziehen soll. So bekomme ich den Kite wenigsten zur Uferseite gelenkt, damit ich mich langsam wieder gen Strand bewege und der Kite mich Richtung Land zieht. Total kaputt spüre ich eeeeendlich Boden unter den Füßen und laufe mit Kite und Board in der Hand nach oben. Gott sei dank! Mit diesem Wind werde ich heute nicht mehr Freund, lass es damit frustriert bleiben und breche die Stunde ab.

* Theorie büffeln *

Weniger Praxis, heißt, mehr Zeit für Theorie. Denn Dakhla bzw. mein Kitekurs ist VDWS-lizensiert. Ab Stufe 4 kann ich mir selbst Kite-Equipment ausleihen. Mein großes Ziel ist es aber erstmal, die (nun doch deutsche) Theorie schnell reinzupressen und Level 3! Das heißt, 50m am Stück zu schaffen. Mit meinen kurzen Einzelstrecken komme ich  zusammen zwar vielleicht auf 50m, aber am Stück?! Davon war ich noch einiges entfernt. Also Theoriebuch zur Hand und Daumen drücken, dass mein letzter Tag viel Wind und Meter bringt…

Tag 6 * Sonntag * hello white sand dunes!!! 

light moon highest tide 

Endlich Wind. Endlich über zehn Knoten. Das wurde aber auch Zeit. Endlich noch einmal raus aufs Wasser.


50m ist das Tagesziel! Vorher geh ich nicht heim! Der nachgeholte Ausflug zur weißen Düne kommt mir da gerade recht. Denn dort erwartet uns dank des Neumonds nämlich ein noch überdimensionierteres Flachwasserrevier. Einfach traumhaft.


Also fahren wir alle zusammen mit dem Auto zum Paradies-Spot. Gesagt getan, packen die fleißigen Helferlein auch schon beide Autos voll. Wahnsinn was da alles rein- bzw. raufgeschnallt wird! Wie sollen wir, immerhin insgesamt 18 Personen, noch mit reinpassen? Wo ein Wille, ist auch ein Weg. Auch wenn es drinnen recht kuschlig wurde und Naji nur noch einen Frischluftplatz ergatterte, irgendwie ging es doch. Hier der Beweis:


Nicht nur wir Anfänger und Profi-Kiter genossen die unendliche spiegelglatte Wasserspielwiese, die mit der kommenden Flut sogar noch größer wurde, auch unsere liebgewonnenen Kitelehrer hatten sichtlich Spaß und konnten sich endlich mal so richtig austoben. Lahcen zeigte gleich einige seiner Wahnsinnstricks…neben dem Dead Man auch diesen No Handed Stiffy (hoffe, ich hab den richtigen Namen des Tricks gegooglet).


Ich dagegen bemühe mich noch in der Aufstehbewegung, während mir die Kackposition wie angewurzelt scheint 😂. Aber was soll’s. Trotzdessen gelingt es mir schon viiiel besser, mich mit Schwung auf die Wasseroberfläche zu ziehen. Jetzt darf ich den Kite dann auch konstanter auf ein bis zwei bzw. zehn bis 11:00 Uhr halten. Kleine, stetige Züge an der Bar sollen dabei helfen, mich oberhalb der Wasseroberfläche zu halten und weiter Geschwindigkeit aufzunehmen. Und es klappt! Wenn ich es jetzt noch schaffe, Najis Tipp zu berücksichtigen und die Beine durchzustrecken, dann schlittere ich schon fast wie von allein über die spiegelglatte Wasseroberfläche. Toll!


Wie mir zu Anfang schön eingebläut wurde, behalte ich auch bei meiner letzten Nachmittagssession den Kite immer fest im Blick – egal, wie mich die Sonne auch blendet. Hochkonzentriert genieße ich aber endlich auch mal die Momente, in denen mir auf dem Brett der Wind um die Nase pfeift und ich ungehindert dahinschlitter. Doch, was war das? Plötzlich finde ich mich sitzend wieder. Der Kite sinkt zu Boden und mir brummt der Schädel. Was war da gerade passiert? Ein abrupter Purzelbaum! Naji meinte nur grinsend, ich solle doch auch die Umgebung im Blick behalten. Da hatte ich wohl, bei gehender Flut eine kommende Sandbank übersehen. Hier war das Flachwasser also einfach doch etwas zu flach! Das Brett steckt sogar noch einige Meter von mir entfernt fest. Doch Naji tut das einzig Richtige: Er schnappt sich mein Board, zwingt mich gleich wieder raus, den Schock abzuschütteln und einfach weiterzufahren.


Gesagt, getan. Trotz Sturz läuft es sogar verdammt gut. Ich drehe ein paar Runden und fühle mich langsam wie eine richtige Kiterin. Wie bin ich froh, dass das Wetter heute so mitgespielt hat und der Spot trotz tückischer Sandbänke einfach traumhaft ist. Die 50 m am Stück habe ich auf jeden Fall geschafft!!! Und ich will noch mehr, viiiiiel mehr und für den Moment nie wieder weg!


Auf dem holprigen Weg zurück ins Camp wurden wir wieder mächtig durchgeschüttelt und ich auch wachgerüttelt, dass mein Traum bald ein Ende hat. Auch die Kamele (ok, Dromedare) am Wegesrand schienen sich schon mal zu verabschieden und schauten uns trübselig hinterher.

 

Und zum krönenden Abschluss drückt mir Michelle auch noch meine Kite-Lizenz in die Hand. Zu meinen sicheren 50m, hab ich auch noch die Theorieprüfung bestanden – zwar mit ein zwei kleinen Fehlern, aber auch die ist mir sicher. Hach, viel besser kann es jetzt echt nicht mehr werden. 

Meine letzten Stunden im Zenith Kite Camp sind angebrochen. Ich genieße noch einmal die unglaubliche Stille und faszinierende Lichtszenerie, die sich mir gerade an meinem letzten Abend bietet.


Wehmütig packe ich meine Sachen in den Koffer und schwelge jetzt schon in Erinnerung. Meine sechs Urlaubstage fliegen noch einmal wie ein Film vor meinem geistigen Auge – am liebsten in Dauerschleife. Viel zu früh klingelt am nächstem Morgen (Montag) der Wecker. Ich quäle mich aus dem Bett. Ein letztes Mal wandle ich durch mein riesiges Riad Zimmer, das tolle Bad und mache mich auf zur Henkersmahlzeit, dem letzten tollen Frühstück.
Pünktlich 5:30 Uhr steht auch schon unser Fahrer bereit und packt die Koffer ein. Wir brechen im Stockdunklen auf und fahren durch die Stille, friedliche Nacht. In Gedanken verabschiede ich mich von meinem Entspannungs- und Hochspannungsurlaub…da kommt mir ein Dejavue: So wie ich angekommen bin, reise ich auch wieder ab. Meine Woche in Dakhla ging viel zu schnell vorbei. Ein letztes Mal laufe ich über das kleine Rollfeld vom internationalen Dakhla Airport. Der Wind weht mir noch einmal kräftig um die Ohren (als würde er sich auch verabschieden wollen) und ich steige in meinem Flieger.


Tschüss Dakhla, tschüss Marokko, tschüss Afrika. Es war seeeeehr schön bei dir. Essen, Land, Leute, Landschaft und v.a. meine neue Leidenschaft: das Kiten! Ich bin so froh und stolz auf mich selbst, dass ich diesen Schritt ganz allein gewagt habe. Ich will auf jeden Fall wiederkommen! Ich will auf jeden Fall weiter Kiten.

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Und wer bis hier hin tatsächlich gelesen hat, hat sich dieses Video wahrlich verdient. Also: zurücklehnen, Sound aufdrehen und einfach für ein paar Minuten in den Kite-Urlaub entschwinden:

Kitesurfen in Dakhla – das Zenith Kitecamp von Kiteworldwide

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* Marokko to eat, für alle Schlemmermäuler *

Wie zu Beginn meines Beitrags versprochen, hier nun endlich all die Leckereien, Köstlichkeiten und Schlemmereien, die ich im Zenith-Camp mit großer Freude genossen habe. Noch nie war Vollension so lecker! Das i-Tüpfelchen für (m)einen perfekten Urlaub.

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